Da ich im Sommer 2018 zwei Monate Zeit hatte, erschien mir die Donau als perfekte Strecke für eine Fahrradreise, immer entlang am zweitlängsten Fluss Europas und durch acht Länder. Der Donauradweg ist Teil des Eurovelo 6, einer Langstrecken-Radroute, die vom Atlantik bis ans Schwarze Meer führt. Von der Quelle in der Nähe von Furtwangen im Schwarzwald bis zur Mündung am Schwarzen Meer.
Deutschland:
Gut 600 Kilometer fließt die Donau durch Deutschland. Der Radweg startet in Donaueschingen und führt durch malerische Dörfer, barocke Städte und spektakuläre Landschaften. Zu den Highlights zählt die Strecke von Beuron nach Sigmaringen: Hier schlängelt sich die noch junge Donau durch ein enges Tal mit hohen Kalkfelsen und eindrucksvollen Zinnen zu beiden Seiten. Aber auch der Donaudurchbruch bei Kehlheim sei jedem ans Herz gelegt, der die Kraft der Natur aus nächster Nähe erleben will. Mein Tipp: mit der Zille, so heißen die traditionellen Fischerboote der Region, vom Kloster Weltenburg durch den Donaudurchbruch fahren. Ulm, Regensburg und Passau liegen ebenfalls auf dem Weg, sind sehenswert. Unterkünfte gibt es in jeder Ortschaft, und auch ohne Reservierung findet man überall ein Bett für die Nacht und Strom für den Akku.
Österreich:
Die Strecke Passau-Wien gehört wahrscheinlich zu den bekanntesten Radstecken Europas. Und das völlig zurecht, denn auf den 330 Kilometern folgt ein Highlight auf das andere. Die bekannteste Stelle der Donau ist sicherlich die Schlögener Schlinge, wo der Strom eine perfekte 180 Grad Kurve macht. Mein Tipp: Zum Sonnenuntergang den Aussichtspunkt aufsuchen (ca. eine Stunde Fußmarsch). In Österreich gehen Natur und Kultur Hand in Hand. Vom romantischen UNESCO-Weltkulturerbe Wachau mit seinen pittoresken Dörfern und Weinhängen bis hin zu Stadterlebnissen wie Linz und Wien mit seinen Kaffeehäusern und dem einmaligem Flair. Die Infrastruktur ist sehr gut mit Unterkünften für jeden Geldbeutel, vom Design Hotel bis zum Zeltplatz. Geeignet auch für Familien mit Kindern.
Slowakei:
Von Wien bis nach Bratislava sind es nur 70 Kilometer, und so trifft man in der autofreien Altstadt auf viele Deutsche und Österreicher. Es gibt unzählige günstige und gute Cafés und Restaurants. Mein Tipp: Zum Sonnenuntergang das „Ufo“ besuchen, eine einzigartige Aussichtsplattform in 95 Metern Höhe. Bis zur ungarischen Grenze ist der Radweg in einem sehr guten Zustand. Im späteren Verlauf bildet die Donau auf einer Länge von 240 Kilometern die Grenze zwischen Ungarn und der Slowakei. Man kann mehrmals täglich die Seiten wechseln und in beiden Ländern fahren, allerdings wird der Radweg und die Infrastruktur deutlich schlechter, was sich auch schon an den der Beschilderung bemerkbar macht. Ein gutes GPS-Gerät oder Kartenmaterial ist empfehlenswert.
Ungarn:
Gerade an der Grenze zur Slowakei ist der Radweg meist sehr schlecht ausgebaut und ohne Beschilderung. Oftmals geht es auf einem Damm entlang mit tiefen Furchen und Löchern und besonders nach Regenfällen ist es sehr schlammig. Auf diese Etappe sollten sich gerade ungeübte Tourer gut vorbereiten, da etwas Geschickt gebraucht wird. Im Süden des Landes gibt es dann wieder teils sehr gute, neu gebaute Teilstücke. Ungarn investiert gerade viel in die Infrastruktur, um auf das Niveau von Deutschland und Österreich zu gelangen, wird es aber noch einige Zeit dauern. Entschädigt wurde ich von der grandiosen Natur mit teilweise naturbelassenen Ufern mit unzähligen Tier- und Pflanzenarten und einsamen Stränden, die Karibikfeeling aufkommen lassen. Für Budapest, der größten Stadt an der Donau, unbedingt mehr als eine Nacht einplanen. Tipp: Bei Sonnenuntergang an der Promenade sitzen und warten, bis die Lichter am Parlamentsgebäude am gegenüber liegenden Donauufer angehen.
Kroatien:
Mit nur 137 Kilometern hat Kroatien den zweitkleinsten Anteil am Donaulauf. Der Eurovelo 6 führte teils über kaum befahrene Nebenstraßen, der Abschnitt von Osijek bis Ilok hingegen, ist sehr verkehrsreich. Die Region ist vom Krieg der 1990er Jahre stark gebeutelt, so finden sich auch heute noch im Grenzgebiet zu Serbien viele ungeräumte Minenfelder – daher die ausgewiesenen Wege und Straßen besser nicht verlassen. Auf andere Gedanken kommt man im kleinen Ort Ilok an der Grenze zu Serbien mit seiner alten Burganlage und vielen Weinanbaugebieten. Mein Tipp: Sehenswert ist der alte Weinkeller unter der Burg, und es ist möglich in den Weinbergen Golf zu spielen.
Serbien:
Die Strecke verläuft ausschließlich auf Straßen, die bis auf die wenigen Kilometer rund um die großen Städte Novi Sad und Belgrad sehr verkehrsarm sind. Die Hauptstadt Belgrad schläft nie und ist Beweis dafür, dass die Serben lebenslustige und positiv denkende Zeitgenossen sind. Das Eiserne Tor, mit über 100 Kilometern die längste Schlucht Europas, ist ein absolutes Highlight der Reise. Steile Klippen und spektakuläre Felsformationen zu beiden Seiten, durch die sich die Donau majestätisch schlängelt. Mein Tipp: Im Museum Lepenski Vir die Zeugnisse aus rund 9000 Jahren regionaler Siedlungsgeschichte entdecken. Auch wichtig: Serbien ist das einzige Land entlang des Donauradwegs, welches kein EU-Mitglied ist. Deshalb Vorsicht bei den Roaming-Gebühren.
Bulgarien:
Wer es abenteuerlich mag, der wird diesen Abschnitt des Weges lieben: Bulgarien hat seit dem Ende des kommunistischen Systems ein Viertel seiner Bevölkerung verloren – und das zeigt sich auf der Fahrt. Die Strecke führt durch teils verlassene Dörfer mit unzähligen zerfallenen Häusern. Die Leute, die man trifft sind aber stets sehr hilfsbereit, und Gastfreundschaft wird groß geschrieben. Die Donau bildet auf über 600 Kilometern die Grenze zwischen Bulgarien und Rumänien. Der bulgarische Abschnitt ist hügelig und abwechslungsreich und an sich spannender als die rumänische Seite. Mein Tipp: Im Hinterkopf behalten, dass verfügbare Unterkünfte seltener werden. Wer kein Zelt dabei hat, sollte vorab recherchieren, wo man die Nacht verbringen kann.
Rumänien: Der krönende Abschluss
Rumänien ist in Sachen Infrastruktur mit Bulgarien zu vergleichen. Und wunderschön. Besonders das Macin-Gebirge hat es mir angetan. Mein Tipp: Das Weingut „Vinuri de Macin“ besuchen. Neben tollen Weinen findet man hier sehr freundliche Leute, die Englisch sprechen und einem bei der Erkundung der Region oder bei der Unterkunftssuche behilflich sind. Bis Tulcea kann man noch auf der Straße fahren. Um allerdings die Mündung der Donau ins Schwarze Meer zu erreichen, muss man für die letzten gut 150 Kilometer aufs Boot umsteigen, da es im Delta keine Wege mehr gibt. Ich kann nur sagen: unbedingt ausprobieren. Das Delta ist Lebensraum für etwa 5200 Tier- und Pflanzenarten und war für mich persönlich der krönende Abschluss der Reise.
Nach rund 3500 Kilometern Fahrt stand ich also am Schwarzen Meer und kann sagen, dass äußerst spannende und abwechslungsreiche 58 Tage hinter mir lagen. Und keiner davon war langweilig.
Zu seiner Donau-Tour hat Maximilian eine Serie mit 6 x 30 Minuten-Episoden erstellt (erhältlich auf DVD, Blu-ray und VoD). Weitere Infos und Bestellung unter www.what-a-trip.de
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Bildergalerie:
Text und Bilder: Maximilian Semsch
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