Wandern? War das diese Sache mit den praktischen Wanderhemden und Zip-Off-Hosen, wo man Plaketten auf einen Stock nagelt? Es ist noch nicht lange her, da hatte das Wandern bei vielen (und zu Unrecht) dieses Image (Wanderhemden und Zip-Off-Hosen sind übrigens tatsächlich praktisch und können sogar sehr gut aussehen). In dieser Zeit sprach man dann gern lieber von Hiking oder Trekking. Seit Naturnähe und -schutz, Achtsamkeit und Entschleunigung sowie bewusste Ernährung und Konsum auch für viele junge Menschen wichtige Teile ihres Lebens geworden sind, erlebt das Wandern – die stetige Bewegung in der Natur – eine vielfarbige Renaissance.
Dabei war das Wandern nie weg. Ob klassisch als Hüttentour, achtsam auf dem Pilgerweg, aufmerksam bei einer naturkundlichen Wanderung, als kurze Runde in den Alpen oder als wochenlange Fernwanderung durch die skandinavische Wildnis: Wandern ist nicht jung ODER alt, nicht Instagram ODER Rother Bergverlag, nicht Trend ODER Tradition. Wandern ist zeitlos und im besten Sinne inklusiv, für Menschen jeden Alters und jeder Fitness. Eine Hommage in zehn Punkten.
1. Beim Wandern konzentriert man sich auf das Wesentliche
Der Takt der Füße ist beinahe meditativ. Natur, Witterung, Wege und Licht geben den Rhythmus des Tages vor. Es ist kein Wunder, dass, lange bevor das Konzept der Freizeit und Erholung entstand, in nahezu allen Kulturen und Religionen die Idee des Pilgerns populär wurde. Ohne die Ablenkungen des Alltags und unterstützt durch die Wirkung der Bewegung werden einem Dinge klarer. Ob das nun religiöse Überzeugungen sind oder wichtige Lebensentscheidungen, spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist, dass Du fernab jeder Esoterik beim Wandern zu Dir selbst finden kannst, mit 19 genauso wie mit 99 Jahren. Nicht nur deshalb gehen so viele junge Menschen nach Ende ihrer Schulzeit erst mal auf Tour!
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2. Land, Leute und Essen – auch das ist Wandern
Wandern, das ist in Europa immer auch der Wechsel zwischen Natur und Kultur. Die Alpen sind nur ein Beispiel. Tagsüber Bergabenteuer, nachmittags uralte Dörfer mit beeindruckender Architektur, abends regionale Köstlichkeiten und zwischendurch wandert man auf den Spuren von 2.000 Jahren Kulturgeschichte. Apropos Köstlichkeiten: Immer mehr Berghütten in den Alpen, Mittelosteuropa oder Skandinavien verschreiben sich einem lokalen Slow-Food-Ansatz. Statt Fertigsuppen landen hier Lebensmittel aus kleinbäuerlicher Landwirtschaft der Umgebung auf dem Tisch. Gekocht wird mit Zeit und Liebe. Auch vegetarische oder vegane Ernährung ist auf Hütten längst kein Tabu mehr. Hier solltest Du Dich aber im Vorfeld genauer informieren.
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3. Die schönsten Wandererlebnisse kann man teilen
Wandern ist super grammable. Inhalte von glücklichen Menschen in der Schönheit der Natur, am Lagerfeuer oder beim Zelten garantieren Likes und Engagement. Darüber mag manch Traditionalist*in die Nase rümpfen, aber es ist eigentlich auch nichts anderes, als früher beim Diaabend oder mit dem Fotoalbum gemeinsam mit Familie und Freund*innen die schönsten Erlebnisse zu teilen. Denn geteilte Freude ist doppelte Freude. Und egal ob auf Instagram oder im Wohnzimmer, die Reaktionen zeigen immer wieder, wie sehr wir uns alle nach dem ungebundenen Draußensein in der Natur sehnen.
VAUDE wäre nicht VAUDE, wenn uns die Natur nicht besonders wichtig wäre. Achte deshalb gerade in den Sozialen Medien darauf, Posts zu vermeiden, die Nachahmungseffekte und Übernutzung sensibler Regionen verursachen!
4. Beim Wandern lernt man die Natur kennen
Alle reden über die Natur, niemand versteht sie. Zugespitzt, traurig und in vielerlei Hinsicht wahr. Wogende Weizenfelder und Bäume in Reih und Glied mit einem ordentlichen Waldboden gelten vielen Menschen als unberührte Natur. Dabei sind sie artenarme, industrielle Kulturlandschaft. Beim Wandern kann man die Unterschiede selbst erleben. Etwa, was alles in einem ungespritzten Weizenfeld wächst oder wie viele Tiere in einem chaotischen Wald leben, wo Totholz stehen und liegen bleiben darf. Das sind einzigartige Erlebnisse. Wer einmal eine intakte Alpenflora im Frühjahr in Vollblüte erlebt hat, wer gesehen hat, wie ein Bartgeier ohne einen Flügelschlag und schwerelos über tiefsten Bergtälern und höchsten Gipfeln gleitet, oder Fuchswelpen am Bau beobachten durfte, die oder der wird nicht nur ein glücklicherer Mensch, sondern diese Erlebnisse weitergeben und teilen.
5. Beim Wandern wird man fit
Gesundheit und Fitness sind wichtige Aspekte für Natursportler*innen. Gerade wenn der Arbeits-, Uni- oder Schulalltag mit viel Sitzen zu tun hat. Wandern ist ein sehr schonender Weg, fit zu werden und sich buchstäblich Schritt für Schritt zu steigern. Die Belastungen für Gelenke sind gering und wenn man nicht mehr kann, macht man einfach Pause. Auf dem Weg zum Sixpack hilft das Wandern nicht, dafür stärkt es Ausdauer, Herz-Kreislauf und Lunge.
6. Wandern verschiebt Horizonte
Erst mal verschiebt Wandern natürlich buchstäblich Horizonte. Jeder Meter, jeder erfolgreiche Anstieg eröffnet neue Ein- und Fernblicke. Wandern verschiebt aber auch innere Horizonte, zum Beispiel wenn man auf einer Hütte das Lager mit Menschen aus aller Herren Länder und jeden Alters teilt. Das kann auch für kulinarische Horizonte gelten, wenn Du das erste Mal Stockfisch auf Tour in Nordnorwegen isst oder Du einen Bergkäse schmeckst, der wirklich aus den Bergen kommt.
7. Wandern kann man von zu Hause aus
„Die Straße gleitet fort und fort, weg von der Tür, wo sie begann“, heißt es in Tolkiens legendärem Fantasy-Epos „Der Herr der Ringe“. Nicht nur für Hobbits gilt: Wandern kann man direkt von der eigenen Haustür aus. Zugegeben, die großen Sehnsuchtsziele wie Patagonien, Nepal oder Grönland liegen nicht direkt vor der Haustür. Umso wichtiger sind die kleinen Alltagswanderungen am Wochenende, mit denen Du die Sehnsucht nährst und Deine Umgebung besser und besser kennenlernst. Denn viel zu entdecken gibt es wirklich überall.
Wenn Du nicht sicher bist, wann Du wo und wie im Wald schlafen darfst, schau Dir unser „Tausend-Sterne-Hotel“ an. Dort klären wir die wichtigsten rechtlichen Fragen.
8. Fürs Wandern braucht es wenig
Schuhe schnüren, Vesper einpacken, Rucksack auf und los! So einfach kann Wandern sein. Klar, die dreiwöchige Trekkingtour durch Nordskandinavien ist eine Materialschlacht. Aber für viele Touren gilt: Less is more und Du musst aus Deinem Material keine Wissenschaft machen. Wir empfehlen natürlich neben dem richtigen Schuhwerk auch angemessene Kleidung, die Dich trocken und bei Bedarf warm hält und bequem ist. Auf Hüttentour kannst Du sogar auf Zelt und Isomatte verzichten.
9. Beim Wandern kannst Du Dich selbst erproben und Deine Grenzen verschieben
Einfach mal wieder eine Nacht im Wald verbringen. Eine längere Tour allein machen. Herausfordernde alpine Steige gehen. Richtig lange unterwegs sein. Egal, was Deine persönliche Challenge ist, Du kannst es schaffen und Dich damit selbst erproben. Auch vermeintlich kleine Sachen können sich groß anfühlen. Die Nacht allein im Wald zum Beispiel und all die ungekannten Geräusche, die sie mit sich bringt. Oder die Solotour, die Dir schnell zeigt, wie Du mit Dir selbst umgehen kannst.
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10. Es ist einfach schön!
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