
Sechs Tage mit Tourenski von Realp im Schweizer Kanton Uri über das Tessin nach Italien und zurück ins Wallis klingt nach einer tollen Runde. Wir sind zu viert und freuen uns auf eine sonnige Skihochtour am Ende einer hervorragenden Wintersaison.
Erster Tag, Hüttenaufstieg, null Höhenmeter Abfahrt. Na gut, die Freeriderin in mir bleibt zu Hause, it’s Tourenheini time. Nach einem ersten gemütlichen Hüttenabend hoffen wir, dass sich der Nebel bis morgen verzieht. Das tut er dann auch mehr oder weniger und wir können eine landschaftlich beeindruckende Variante über drei Scharten begehen. Dass dabei so mancher Hang gequert statt abgefahren wird, wird bei der Bezeichnung Skidurchquerung offensichtlich klar und gehört wohl dazu, um die jeweilige Tagesetappe zu schaffen. Vielleicht geht es auch darum, den Reiz besonders schöner Querungen zu erkennen. Ich gebe mir größte Mühe…

Wir erreichen die Capanna Corno Gries. Mit der modernen Hüttenarchitektur und einem sehr gemütlichen Gastraum sicherlich ein Hüttenhighlight der Tour. Die typischen Tessiner Pizzoccheri sollten nur der Anfang feinster Hüttenkulinarik sein.

Es folgt der Aufstieg zum Blinnenhorn, der sich durch einen wirklich sehr langen, flachen Gletscher auszeichnet. Also Kopf ausschalten und die Gedanken schweifen lassen. Bis der schwere Rucksack, der am dritten Tag die Schultern schmerzen lässt, mich ins Hier und Jetzt zurückholt. Gut, dass die Abfahrt direkt auf die Sonnenterasse des Rifugio Claudio e Bruno führt. Und noch besser, dass wir am Gipfel die italienische Grenze überschritten haben: Cappuccini e Birra Moretti per favore!

Hohsandhorn, Ofenhorn und ein großer Hang mit feinstem Powder: der vierte Tag beschert uns Gipfel-High-Fives und Abfahrtsfreude. Das vorhergesagte Schönwetter macht leider ab Vormittag aprilmäßig was es will und die lange Abfahrt zum Rifugio Margaroli wird zur Orientierungsübung. Höhenmesser, Kompass und Landkarte sind auch am nächsten Tag unsere wichtigsten Hilfsmittel um in den wunderschönen Weiler Crampiolo zu gelangen. Die lange, leicht ansteigende Querung entlang am Stausee wird von mir mit 9 von 10 Ironie-Sternchen ausgezeichnet. Ich bin nur froh, dass wir keine Strecke zweimal zurücklegen…

Wir entscheiden uns als Übergang ins Wallis das Schwarzhorn zu überschreiten. Eine große Tour steht an, also nochmal die Reserven mit italienischen Spezialitäten auffüllen. Das Schwarzhorn soll dann nochmal alle unsere Skidurchquerungsfähigkeiten fordern. Nach einem mühsamen Aufstieg erreichen wir den Gipfel im Nebel. Die Abfahrt Richtung Schweiz erfolgt zuerst im Blindflug und später auf feinstem Plattenpulver. Ich stelle fest, dass das Abfahrtsgefühl in einer von oben nicht einsehbaren Flanke in völliger Einsamkeit anders ist. Dazu kommt der schwere Rucksack. Wir tasten uns also Stück für Stück weiter und werden weiter unten mit bestem Firn belohnt. Erleichterung, Freude über die erfolgreiche Durchquerung und Durst machen sich breit. Also ab ins Tal, raus aus den Skischuhen und Frühlingsblumen bewundern.

Text und Bilder: Johanna Bogner
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