Das Schienennetz in Deutschland beträgt laut kurzer Internetrecherche über 38.000 Kilometer. Wie viele Kilometer sich hierzulande in Form von Trails durch die Wälder schlängeln, lässt sich nicht so einfach herausfinden. Doch eines ist sicherlich klar: selbst hier, direkt vor unserer Haustüre sind dies enorm viele. So viele, dass man die meisten davon selbst nach jahrelangem Radeln nicht kennt.
Denn sind wir mal ehrlich: in unserem normalen Alltag fährt man seine wenigen Hometrails und hat selten nach einem stressigen Arbeitstag noch groß Lust oder Zeit, auf Erkundungstour zu gehen. Und hat man dann mal etwas länger frei, trat man allzu oft die Reise nach Süden an, um in wärmeren Gefilden oder in höheren Lagen biken zu können. Die Betonung liegt hier allerdings ganz bewusst auf „trat“, also Präteritum, denn seit 2020 hat sich ja bekanntermaßen einiges geändert.
Schmeißen wir also mal mit Floskeln nur so um uns und schauen, wie viel Wahrheit in
„Warum in der Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah liegt“
so steckt. Denn selten hat sich das dies mehr angeboten als in Zeiten von Reisebeschränkungen.
Hier in Freiburg kann man von der Haustüre auf die Berge – oder zumindest Hügel – fahren, hat ein exquisites Trailnetz direkt vor der Nase und kann seine Ausfahrten mit den Kumpels genießen. Dies stellt vermutlich nicht den Standard für deutsche Städte dar, aber als zugezogenes „Bobbele“ habe ich diese Privilegien.
Über ein langes Wochenende hatten meine Freundin Sophie und ich eigentlich geplant, in der Schweiz per Zug und Postbus ein schönes Bikewochenende zu verbringen. Aus bekannten Gründen hatte sich diese Idee schnell erledigt. So grübelt man also vor sich hin und denkt sich, dass ja auch der Schwarzwald Wege bietet und eigentlich auch eine geeignete Infrastruktur, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehrere Bikespots verbinden zu können. Zeit also, Graubünden gegen Schwarzwald zu tauschen und mit Zug und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln unseren Hinterhof besser kennenzulernen!
Die Taschen sind schnell gepackt, die Fahrt zum Bahnhof geht sogar noch schneller. Für einen schmalen Taler nimmt uns die Bahn samt Rädern von Freiburg aus mit nach Norden. Von Achern geht es weiter in Richtung Sasbachwalden, wo der örtliche Radverein in Zusammenarbeit mit der Stadt eine Bike Arena geschaffen hat. Dank Shuttle kommt man – wenn man möchte – entspannt den Berg hinauf. Perfekt für uns, um direkt noch ein paar schöne Tiefenmeter zu sammeln. Zu lange dürfen wir nicht verweilen, denn unser Ziel für die Nacht, die Darmstätter Hütte, liegt doch noch einige Höhenmeter oberhalb.
Im Schein unserer Stirnlampen kommen wir endlich in unserer Unterkunft an und können mit einer ordentlichen Brotzeit unsere Energiedepots wieder auffüllen. Erschöpft fällt man ins Bett und merkt jetzt zum ersten Mal, wie ruhig es ist. Kein Ton von draußen. Mit dem beruhigten Gefühl, wirklich „ab vom Schuss“ zu sein, schlummern wir rasch ein.
Die ersten Sonnenstrahlen fallen durchs Fenster, unsere Lebensgeister erwachen wieder. Und dank des guten alten Tageslichts können wir nun auch endlich visuell wahrnehmen, in welch schöner Landschaft die Darmstätter Hütte steht: Mitten im Hochmoor, zwischen Ruhestein und Hornisgrinde, vermisst man in keiner Sekunde alpineres Gelände. Und auch wenn man luftlinientechnisch nicht weit weg von der gut bebauten Rheinebene ist, so sind wir hier oben doch komplett weg vom Trubel – denn hierher darf kein Auto fahren.
In einer schönen Transferetappe strampeln wir nach Baiersbronn, um hier das offizielle MTB-Trailnetz auszuprobieren. Besonders Obertal hat es uns dabei angetan und verwöhnt und mit sehr naturbelassenen, verspielt zu fahrenden Pfaden. Und auch wenn das Wetter uns mit einigen Schauern begießt, so genießen wir doch jeden Meter. Direkt in Baiersbron nächtigen wir im Hotel, wo wir trotz unserer sportlichen Kleidung herzlich empfangen werden und die Bikes sogar in der eigens dafür vorgesehenen Garage parken können. Auch die Hoteliers im Schwarzwald hier haben mittlerweile die Mountainbiker als Zielgruppe erkannt.
Eine längere Zugfahrt bringt uns am Tag darauf wieder nach Freiburg. Was anfangen mit einem solch angebrochenen Tag? Da wir quasi direkt am Berg unten stehen, radeln Sophie und ich noch auf den Kybfelsen. Einen viel schöneren Abschluss unseres dreitägigen „Trail and Rail-Trips“ als auf dem Canadian können wir uns eigentlich nicht vorstellen.
38.000 Kilometer ist das deutsche Schienennetz lang. Ca. 150 davon haben wir während unserer Tour genutzt. Hätten wir noch mehr gebraucht? Wir sind uns einig: auf keinen Fall. Denn selbst hier, in diesem vergleichsweisen kleinen Radius, haben wir unzählige neue Wege fahren können, neue Landschaften kennengelernt und festgestellt, einen welchen Schatz unser Hinterhof hier im Schwarzwald bietet. Und das – wohlgemerkt – sogar alles auf legalen, offiziellen Biketrails. Es mag hier keine Gletscher geben, doch wir haben hier stets ausreichend Sauerstoff in der Luft, ebenso urige Hütten wie in den Alpen und auch abgeschiedene Ecken mit wunderbar flowigen, technischen und einfach schönen Trails. Und auch, wenn uns die restlichen ca. 37.000 Km Schienennetz natürlich auch reizen würden, regelmäßig brauchen tun wir sie nicht.
Lust auf dein eigenes Abenteuer? Hier kommst du zu unserer MTB Kollektion.
photo credit: VAUDE / Chris Laue
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