Mittlerweile ist es Juni und so langsam, aber sicher schmilzt der Schnee auch in den Hochlagen der Alpen. Es ist also langsam Zeit die Ski endgültig in den Keller zu verbannen und das Bike für die Bike-Hochtourensaison fit zu machen.
Bike-Hochtouren? Was soll denn das sein, werden sich jetzt einige fragen. Daher hier ein kleiner Bericht von unserer Tour aufs Mettelhorn im vergangenen Oktober.
Ausgangspunkt ist das weltbekannte Touristendorf Zermatt im Wallis. Schon bei der Anreise mit dem Zug kann man erahnen, was hier in der Hochsaison los ist. Touristen aus aller Welt sowie zahlreiche Eingeborene und Zugezogene zieht es dank des stabilen Hochdruckwetters heute in die Höhe.
Ein Grund mehr die Sache heute gemütlich anzugehen. So gibt es, nach der panoramareichen Zugfahrt, erstmal Kaffee und Kuchen bei Matthias im Büro. So recht hat anscheinend keiner Lust zu starten; kein Wunder, wissen wir ja alle was als nächstes vor uns liegt: Fünf Stunden das geliebte Bike auf den Schultern zu tragen ist schon ein eher mittelgrosser Motivationskiller!
Daher folgt dem Kaffeekränzchen zunächst noch ein ausgiebiger Materialcheck. Haben wir genug Essen? Sollten wir doch Steigeisen mitnehmen? Doch lieber noch einen Schlauch mehr mitnehmen? Es hilft alles nichts, die Gruppendynamik ist stärker.
Wir starten also ziemlich verspätet gegen 11 Uhr auf jetzt direktem Weg Richtung Mettelhorn. Nach wenigen Metern durch das Gewusel im Dorf, biegen wir auf den Wanderweg Richtung Berggasthaus Trift ab. An fahren ist hier schon auf den ersten Metern nicht mehr zu denken. Stattdessen montiert Severin seinen neu erstandenen Peakrider und wir helfen ihm zu zweit das Bike „einzulochen“. Aller Anfang ist bekanntlich schwer.
Matthias und ich sind klassisch und ohne weitere Hilfsmittel unterwegs. Die ursprünglichste und nachhaltigste Form des Bikebergsteigens. Wer solche Tragesysteme als Hilfsmittel nötig hat, der würde wohl auch den Mount Everest nur mit Sauerstoffgerät und 20 Sherpas besteigen können. Nur meine Meinung.
Naja, jedenfalls gibt der Herr Peakrider ab da das Tempo vor und wir bekommen erst am verlassenen (Winterpause) Hotel du Trift eine kleine Pause zur Verpflegung. Es weht ein herrlich angenehmer Wind und die Oktobersonne trocknet die verschwitzen Merinoshirts quasi im Handumdrehen.
Da das Fahrrad auf dem nächsten Trail mal gemäß seinem ursprünglichen Verwendungszweck bewegt werden kann, gehen uns die folgenden Höhenmeter leicht von der Schulter.
Spätestens im Aufschwung zum Furggji, unserm nächsten Zwischenziel, wird ersichtlich, dass wir uns im Hochgebirge befinden. Die Bergwelt um uns herum ist ähnlich atemberaubend, wie das Gewicht der Fahrräder auf dem Rücken. Wieder hat Seve mitgedacht. Das, auf seinem Peakrider aufgespießte, leichte Hardtail, spart Schritt für Schritt die nötigen Körner. Bei unserer nächsten Tour engagiere ich so einen Freiburger Liteville-Sherpa! Der trägt mein Bike und notfalls auch noch mich auf den Berg!
Eine kleine Verschnaufpause gönnen wir uns noch, bevor wir die kurze und zum Glück spaltenarme Gletscherpassage in Angriff nehmen. Da es die letzten Tage ein paar Zentimeter Neuschnee gegeben hat, komme ich, trotz einiger erfrischender Ausrutscher, auch mit meinen normalen Bikeschuhen recht passabel hier hoch. Bergprofis, wie Seve, haben natürlich wasserdichte Goretex Bergbikeschuhe mit gutem Profil dabei; da kann ich nur neidisch auf meine mittlerweile feuchtkalten Füße runterschauen. Immerhin sind die Temperaturen trotz der Höhe noch sehr angenehm und Hände und Füße tauen auf den letzten 200 Höhenmeter zum Gipfel schnell wieder auf.
Wow! Was für eine Aussicht! Ohne Worte. Das Gefühl hier oben ist wirklich schwer zu beschreiben. Ich halte es also mit dem alten Spruch: One Look is Worth A Thousand Words! Wie wahr.
Auch wenn wir sicher noch Stunden hier oben verbringen könnten; das Beste liegt ja noch vor uns: Die Abfahrt.
Während ich die ersten steilen Kehren nach dem langen Fußmarsch noch etwas wackelig durchfahre, wird das Gefühl für den Untergrund und das Gelände mit jedem Meter besser. Den Gletscher durchqueren wir in der Aufstiegsspur halb fahrend, halb rutschend. Ein Heidenspaß!
Ab Furggji erwartet uns dann etwas gemäßigteres Terrain. Ein alpiner Trail der Sonderklasse zieht sich von hier bis zum Berghaus Trift. Jetzt beneide ich den Hardtail Fahrer nicht mehr. Die zahlreichen technischen und ruppigen Passagen sind ein wahrer Genuss mit dem Enduro.
Ab dem Berggasthaus wird es dann nochmal besonders anspruchsvoll. An ein paar ausgesetzten Stellen kann ich im Vorbeifahren sogar ein Fixseil sichten. Wer schwindelfrei ist und die nötige Fahrtechnik für die zahlreichen Spitzkehren besitzt, kommt hier aber voll auf seine Kosten. Aber Achtung: Absolutes Sturzverbot!!!
Die letzten Höhenmeter klingen dann wohlwollend flowig aus und enden, zur absoluten Krönung des Tages, direkt an einer gut besuchten Bar mitten in Zermatt.
Cheers!
Text und Fotos: Daniel Eiermann
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