Diesmal haben wir uns auf etwas für uns völlig Neues eingelassen. Auch wenn wir dazu erstmal bekannte Pfade gegangen sind, hat ein kleiner Abzweiger alles verändert, sodass wir letztlich auf 3.769 m Höhe auf dem Gipfel des noch stark vergletscherten Monte Cevedale, des dritthöchsten Berges des Ortler Massivs standen, und zwar mit unseren Bikes.
Begonnen hat alles mit einem ganz normalen Mountainbike Urlaub im Vinschgau. Wie die meisten anderen Biker drehten wir unsere Runden, hatten Spaß auf den Trails und erlebten einfach nur eine super gute Zeit. Unsere Unterkunft hatte ein recht spezielles W-Lan Passwort „Monte Cevedale“ und das brachte uns auf eine Idee, die wir erst ein paar Jahre später in die Tat umsetzten sollten. Denn einen hochalpinen Berg kann man natürlich nicht einfach so, ohne ausreichend Vorbereitung befahren, schon gar nicht mit dem Bike. Wir mussten uns einige Fragen stellen, unter anderem:
- Kann man den Cevedale mit dem Mountainbike befahren?
- Wie kommen wir über den Gletscher?
- Welche Ausrüstung benötigen wir und wie schwer darf unser Rucksack maximal sein, dass das ganze Vorhaben noch sinnvoll ist?
- Von welcher Seite her wollen wir zur Casati Hütte aufsteigen?
Welche Jahreszeit eignet sich am besten für uns? Denn wir wollten den Gletscher ohne Spikes befahren, somit durfte das Eis noch nicht gänzlich rauskommen damit es nicht zu glatt für uns wird, zudem sollten die Spalten noch möglichst zu sein damit wir auch wirklich mit dem Bike abfahren konnten.
Eigentlich hatten wir den Gipfel dann für Frühling 2019 geplant, doch das Wetter machte uns ständig einen Strich durch die Rechnung, erst kaum Schnee, dann plötzlich gegen Mitte Mai viel zu viel Schnee, so dass auch die Passstraßen außenherum ständig gesperrt waren. Wir wollten den Berg schon aufs nächste Jahr verschieben als sich schließlich die perfekte Gelegenheit aufgetan hat. Ein Wetterfenster mit perfekten Bedingungen und das mitten im Hochsommer. Juhu! Jetzt musste alles relativ schnell gehen, Ausrüstung zusammenpacken, Übernachtung auf der Casati Hütte buchen und dann ging es auch schon los.
Am ersten Tag fuhren wir mit dem Auto bis zum Fuße des Madritschjochs. Von dort aus ging es dann mit den Bikes weiter rauf, bis wir das Joch überquerten und uns den spaßigen und größtenteils auch recht flowigen Trail bis runter zur Zufallshütte gönnten. Natürlich wäre ein Aufstieg zur Casati Hütte auch leichter möglich gewesen, doch wir wollten ja möglichst viel Mountainbike Erlebnis haben, daher war diese Variante die beste für uns. Trotzdem mussten wir uns zeitlich ganz schön ranhalten, da wir auch noch eine kleine Panne bei der Abfahrt hatten und unbedingt das Schneefeld vor der Casati Hütte noch mit ausreichend Sonnenlicht überqueren wollten.
Von der Zufallhütte aus ging es größtenteils schiebend- / tragend weiter in Richtung Schlaflager auf der Hütte. Uns erwarteten gut 1.000 hm Aufstieg und einige Kilometer Strecke, da sich der Weg schier endlos nach oben zu schlängeln schien. Als wir das Schneefeld vor der Hütte dann endlich erreicht hatten waren wir wirklich froh, aber auch schon ganz schön platt. Nichts desto trotz mussten wir uns jetzt nochmal ordentlich konzentrieren und auch so richtig plagen um unsere Bikes durch das sulzige Schneefeld zu bekommen. Um ca. 19.00 Uhr haben wir dann endlich die Hütte erreicht und mussten auch gleich zum Abendessen übergehen,um noch ewtas zu bekommen. Wir wurden mit wahnsinnig guter Minestrone, Nudeln und Gulasch verköstigt, nur das Wasser war schier ungenießbar, was an einer im Winter gebrochenen Wasserleitung liegen dürfte. Wie es auf der Hütte eben ist ging es nach dem Essen ab ins Lager und genächtigt wurde auf Matratzen die gefühlt bereits im 1. WK den Soldaten als Schlaflager dienten.
Nach einem sehr spärlichen, typisch italienischen Frühstück inklusive obligatorischem Keks ging es dann endlich richtig los, die Gipfelbesteigung lag vor uns. Noch in der Morgendämmerung begannen wir uns herzurichten und ins Seil einzubinden um der bereits vorhandenen Aufstiegsspur zu folgen. Die meisten Bergsteiger schauten uns leicht skeptisch an, doch von einigen Gruppen wurden wir auch bereits schon während des Aufstiegs gefeiert.
Im ersten Eisfeld kamen wir noch ohne Steigeisen aus. Danach wurde es wieder relativ flach und wir konnten sogar bergauf einiges fahren. Kurz vor dem Gipfel kam dann aber eine richtig steile Flanke mit einer sehr großen, relativ offenen Spalte über die nur eine schmale Schneebrücke führte. Jetzt war es an der Zeit die Steigeisen anzulegen und sich nochmal richtig zu konzentrieren. Die letzten Meter fühlten sich wirklich lange an, doch jetzt konnte uns den Gipfelsieg mit dem Bike niemand mehr wegnehmen, das Kreuz lag bereits in Sichtweite. Was für ein geniales Gefühl, wir haben es tatsächlich geschafft! Die anderen Alpinisten feierten uns lautstark.
Als wir die steile Gipfelstelle gesichert wieder abgestiegen waren, konnten wir es dann auch so richtig laufen lassen und das Gletscherblatt mit unseren Bikes absurfen. Ein Erlebnis wie wir es uns gewünscht und vorgestellt hatten, nur vielleicht sogar noch etwas besser!
Und damit war es ja noch nicht genug, uns erwartete in Summe eine Abfahrt mit 3200 hm am Stück, die längste Abfahrt in der Geschichte von Freeride Inc. Austria und somit auch die längste Abfahrt für jeden einzelnen von uns! Der Trail zur Zufallshütte war extrem flowig und machte so richtig Spaß. Dort stärkten wir uns dann nochmal mit einem Apfelstrudel bevor wir uns ins weitere Trailvergnügen stürzten. Nur die Rückfahrt auf dem Radweg bis Rad war echt mühsam mit dem schweren Gepäck. Doch bereits in Prad stritten wir uns darum wer beim Gepäck bleiben muss und wer ohne den schweren Rucksack das Auto holen darf… Verrückt? Vielleicht 😉 Aber bergverrückt und das ist voll ok 😉
Text und Fotos: Freeride Inc. Austria
Comments