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Expedition Manaslu 2017

Stephan Keck im Interview:

Nach 26 Jahren kehrt die Südtiroler Berglegende Hans Kammerlander zu seinem Schicksalsberg zurück, an dem er einst zwei Freunde verlor. Der Tiroler Extrembergsteiger Stephan Keck begleitet ihn bei diesem Abenteuer nach Nepal und übernimmt die zweite Hauptrolle in der zugehörigen Kino-Doku. Im folgenden Interview spricht Keck über bevorstehende Gefahren, Vergangenheitsbewältigung und die unzähligen Herausforderungen, die eine solche Expedition mit sich bringt…


Stephan Keck (rechts) und Hans Kammerlander / Copyright: Andreas Ehrensberger

Stephan, Du hast den 8.163 Meter hohen Manaslu in Nepal im Jahr 2012 bestiegen, wurdest damals aber auch Zeuge des tragischen Lawinen-Abgangs, der zwölf Menschen das Leben kostete. Im Oktober kehrst Du nun mit einem der bedeutendsten Bergsteiger unserer Zeit an den Berg zurück: Hans Kammerlander. Was bedeutet das für Dich?

Hans Kammerlander gehörte in meiner Jugend gemeinsam mit Franz Klammer zu meinen Sportidolen. Durch seine Bücher, die ich als Jugendlicher gelesen habe, wurde meine Faszination für die Berge überhaupt erst geweckt. Seine Abenteuer und die anspruchsvollen Touren, die Hans in diesen Büchern beschreibt, waren einer der Beweggründe, mein Leben so zu führen, wie ich es heute tue. Ich freue mich sehr, dass ich ihn zu seinem vorletzten Achttausender begleiten darf. Er will auch einen Teil seiner Vergangenheit aufarbeiten, er hat dort vor 26 Jahren ebenfalls eine Tragödie erlebt. Wir planen, gemeinsam zum Gipfel zu gehen und anschließend mit Skiern auf einer neuen Route abzufahren.

Du sprichst es an, Dein zukünftiger Seilpartner Hans Kammerlander verbindet schreckliche Erlebnisse mit diesem Berg, möchte nun aber den Weg zum Gipfel zu Ende gehen…

Hans hat 1991 am Manaslu seine Freunde und langjährige Seilpartner Friedl Mutschlechner und Karl Großrubatscher nach einem erfolglosen Besteigungsversuch verloren. Großrubatscher hatte sich im Schneesturm verirrt und verstarb kurz unterhalb von Lager III. Beim weiteren Abstieg von Kammerlander und Mutschlechner wurde dieser unmittelbar neben Hans tödlich vom Blitz getroffen. Nach diesen Erlebnissen wollte Hans nie wieder zu diesem Schicksalsberg zurückkehren – mit 60 Jahren hat er nun seine Meinung aber geändert.

Kannst Du verstehen, dass er nun doch noch einen weiteren Versuch wagt, diesen Gipfel zu erreichen?

Sagen wir so: Ich konnte nie verstehen, warum er zuvor nicht dorthin zurückkehren wollte. Deshalb finde ich es auch toll, dass er das nun angeht. Natürlich gehört es zu den schlimmsten Situationen, den Angehörigen seiner beiden verunglückten Kameraden erklären zu müssen, dass sie nicht mehr nach Hause zurückkehren. Sicher der Hauptgrund, dass es so lange gedauert hat. Ich sehe so etwas aber eher pragmatisch. Ein Pilot kann nach dem Absturz einer anderen Maschine auch nicht sagen, dass er heute nicht fliegt. Deshalb hoffe ich, dass wir diesen schwierigen Weg nun gemeinsam erfolgreich meistern.

Nun seid Ihr nicht allein am Manaslu unterwegs, sondern werdet von einem Filmteam um den erfolgreichen Regisseur und Produzenten Gerald Salmina („Streif – One Hell of a Ride“, „Mount St. Elias“) begleitet. Du organisierst die komplette Expedition. Eine Mammutaufgabe, oder?

Es ist in der Tat eine Herausforderung, dass alles unter einen Hut zu bringen. Es geht ja nicht nur um das Mehr an Verantwortung, die wir am Berg für das Filmteam haben – die Sicherheit für alle elf Teilnehmer hat ohnehin oberste Priorität. Hinzu kommen die Organisation der Anreise, die komplette Logistik und die Permits für das Team und die Drehgenehmigungen müssen besorgt werden. Ich habe definitiv schon einfachere Reisen organisiert.

Dreht Ihr nur am Berg?

Nein, wir portraitieren gewissermaßen Kammerlanders Leben, seine Bergsport-Karriere und filmen daher auch an anderen Stationen, wie in Südtirol oder in Österreich. Im Rahmen der Expedition besuchen wir dann zunächst Elizabeth Hawley in Kathmandu. Miss Hawley ist die inzwischen über 90-jährige Dame, die seit Jahrzehnten alle Achttausender-Besteigungen im Himalaya registriert. Im Anschluss besuchen wir eine der Schulen, die Hans Kammerlander in Nepal unterstützt, und auch eines unserer aktuellen Wasser-Projekte im Erdbebengebiet von 2015, dass wir mit unserer Stiftung STEPZERO.ONE betreuen. Insgesamt sind wir zwei Monate in Nepal unterwegs, am Berg selbst knapp einen Monat. Genug Zeit also, um tolle Aufnahmen zu machen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Hans Kammerlander denn zu Stande?

Wir hatten Hans schon vor ein paar Jahren für einige Drehtage für unseren ersten Kinofilm „HEIMSCHNEE“ gewinnen können. Das hat ihm damals gefallen und nachdem ich erfahren habe, dass er zum Manaslu zurückkehren möchte, fragte ich zunächst Gerald Salmina, ob es nicht interessant wäre, das zu verfilmen. Nachdem er leicht zu begeistern war, musste nur noch Hans zustimmen. Dass daraus jetzt eine gemeinsame Besteigung wird, damit hätte ich im Vorfeld nicht gerechnet.

Was glaubst Du, was Du von einem Kammerlander am Berg noch lernen kannst?

Aufgrund seiner großen Erfahrung denke ich, dass er noch mehr Ruhe am Berg ausstrahlt als ich. Von dieser bewussten Entschleunigung, was am Berg immens wichtig ist, kann ich mir sicher noch etwas abschauen. Was das Bergsteigerische selbst angeht, gehört der Manaslu nicht zu den schwierigsten Bergen und daher werden wir nicht an unsere absoluten Grenzen gehen müssen. So, wie Hans und auch sein Seilpartner Reinhold Messner das früher so oft getan haben. Sonst könnte ich sicher auch in dieser Hinsicht von ihm lernen. Besonders, wenn es um das Klettern in Fels und Eis geht – man lernt ja nie aus.

Welche Gefahren lauern ansonsten am Manaslu?

Das größte Problem stellen die vielen Niederschläge dar, da die Wolken hier aus den nahegelegenen tropischen Wäldern aufsteigen und so innerhalb von wenigen Tagen bis zu drei Meter Schnee am Berg fallen können. Die Lawinengefahr ist folglich sehr hoch dort.

Erfahrungen, die Du dort selbst schon gemacht hast…

Ich war zweimal vor Ort. Beim ersten Versuch gab es leider so viel Schnee, dass wir den Gipfel unter keinen Umständen hätten erreichen können. Beim zweiten Mal, im angesprochenen Jahr 2012, war ich als Expeditionsleiter dort. Auch damals schneite es viel und das hatte das schreckliche Lawinenunglück in einem der Höhenlager zur Folge, während wir uns noch im Basislager befanden. Ich flog damals mit dem Rettungshubschrauber nach oben, um zu helfen. Leider kam für zwölf Menschen jegliche Hilfe zu spät. Wir beschlossen anschließend gemeinsam, die Expedition dennoch fortzuführen und erreichten knapp eine Woche später den Gipfel. Einige sahen das kritisch, aber ich kann auch da wieder nur auf das pragmatische Beispiel mit dem Piloten verweisen.

Nun plant Ihr, mit Skiern vom Gipfel abzufahren. An einem solchen Berg birgt das immer auch Risiken. Worauf gilt es dabei zu achten?

Ein Genuss wird das zu 99 Prozent nicht, so viel ist klar. Wir sind mit der Besteigung spät dran im Herbst, der Jetstream wird sich bereits bemerkbar machen, viel Schnee wegblasen und die Bedingungen nicht sonderlich gut sein. Dazu kommen große Felder mit Gletscherspalten und Seracs zwischen Lager I und Lager II. Noch weiter oben, zwischen 7.000 und 7.400 Metern, lauern verschiedene Absturzstellen. Und ganz oben ist es ohnehin sehr steil und in dieser Höhe ist das Skifahren generell nur bedingt spaßig.

Wo und wann können die Bergsportfreunde den Film, sprich Eure Besteigung des Manaslu, dann schließlich sehen?

Der Film wird im Spätherbst 2018 Premiere feiern und zunächst regulär in den Kinos zu sehen sein. Später auch bei verschiedenen Fernsehsendern. Weitere Details dazu werden folgen.

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