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Eine Skitour auf das Dach Europas

Nachdem Dominik Hartmann und Konsorten schon im Februar im Kaukasus zum Filmen waren und er den gewaltigen Elbrus aus der Nähe sah, stand für ihn fest im Frühsommer noch einmal dort hin zu reisen, wo die Berge in Europa am weitesten in den Himmel ragen. Marinus und ich waren natürlich dabei.

Kurzum organisierten wir einen engeren WG Ausflug ins Land der unvorhersehbaren Abenteuer, trainierten ein Monat mehr oder weniger für die bevorstehende Herausforderung und hoben am 18. Mai in Richtung Kaukasus ab.

Schon die Anreise ins hintere Baksan-Tal nach Terskol vom Flughafen in Mineralnye Vody war ein Abenteuer und nicht mit alpinen Verhältnissen zu vergleichen. Eine Militärkontrolle schloss sich an die nächste an, unser Hotel erreichten wir erst um 06:00 Uhr morgens. Ein kurzer Blick auf die Wetterprognose machte eine schnelle Tourenplanung nötig, denn das Wetter sollte sich noch maximal drei bis vier Tage halten, bevor eine Schlechtwetterfront hereinziehen würde.

Als sich nach vier Stunden Schlaf plötzlich bei meiner Morgendusche das Licht ausschaltete war klar, dass an diesem Tag noch kein Aufbruch zum Elbrus möglich war. Stromausfall in Terskol, den ganzen Tag. Am nächsten Morgen musste dann alles ganz schnell gehen. Die erste Gondel auf 3500 m ging um 09:00 Uhr, wir waren dabei. Der Plan war nun wetterbedingt den Elbrus in zwei Tagen zu besteigen. Normal ist für eine gute Akklimatisation in dieser Höhenlage eine Woche vorgesehen.

Nachdem wir unsere Schutzhütte auf 4050 m erreicht hatten stiegen wir noch langsam weiter auf knapp 5000 m auf um uns noch halbwegs an die große Höhe zu gewöhnen und führen wieder zu unserer Bleibe ab.

Am nächsten Tag weckte uns unser Koch um 02:00 Uhr. Nachdem endlich genug Schnee geschmolzen war um all unsere Trinkflaschen mit Wasser und Tee zu füllen brachen wir um 03:30 Uhr zum Gipfel auf. Über Nacht hatte es gefroren, trotzdem war es relativ warm und wir kamen schneller als gedacht an die Stelle bis zu der wir am Vortag aufgestiegen waren. Ununterbrochen donnerten Snowmobile an uns vorbei, die eigentlich alle anderen Gipfelaspiranten bis auf knapp 5000 m brachten.

Nach einer unendlich langen Querung machte sich vor allem bei Hartmann und mir die große Höhe bemerkbar. Schädelweh wie nach einer versoffenen Nacht. Die letzten 300 Höhenmeter quälten wir uns ohne Ski mit Steigeisen zum Gipfel: Elbrus, höchster Berg Europas und Russlands, 5642 Meter über dem Meer, geschafft nach elf Stunden Aufstieg. Was für ein Gefühl… Die Birne pocht, mir ist übel, ich will runter!

Von Abfahrtsgenuss hinunter nach Terskol ist keine Rede. Eis, Harsch, ein bisschen Firn, dann Sulz und immer wieder Ski abschnallen. Wenigstens der Druck im Kopf lässt nach und macht Platz für ein unvergessliches Bier in der Sonne Terskols. Was für ein Abenteuer, im Nachhinein ist alles gut. Was bleibt sind nicht die Qualen, sondern der Stolz diesen Riesen bestiegen zu haben.

Text: Bene Höflinger
Bilder: freeski-crew.com

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