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Eine Nacht unter dem großen Rettenstein

Bikepacking Abenteuer vor der Haustüre

Feierabend – nach einem ausgefüllten Arbeitstag in der Bikeacademy juckt es noch in den Wadeln. Ein wolkenloser Himmel und warme Temperaturen laden zu einer Übernachtung am Berg ein – vielleicht die letzte Möglichkeit in dieser Saison. Mit meinem Freund und Mitarbeiter Alex und dem Outdoorfotografen Max Draeger breche ich auf um am großen Rettenstein, zu biwakieren. Und vielleicht erfülle ich mir noch nebenbei einen lang gehegten Wunsch…

Vor Einbruch der Dunkelheit

Wir wollen dem Rettenstein noch so nahe wie möglich kommen und am Schöntaljoch biwakieren. Mit unserem VW Crafter fahren wir soweit wie möglich in den unteren Grund. Proviant, Schlafsäcke und Biwaksack packen wir in den Moab Pro und der Trailfront Tasche schön verteilt – so können wir auch bergab optimal Gas geben. Auf der steilen MTB Route drücken wir hoch in Richtung Schöntal. Alex ist fit, das wusste ich, aber auch unser Fotograf Max schlägt mitsamt seinem Kameraequipment ein gutes Tempo an. Auf dem Weg nach oben treffen wir den Bergretter Dominik, der uns gleich seinen Lieblingsschlafplatz unter dem höchsten Kirchberger Gipfel verrät – perfekt, den suchen wir uns noch.

Den letzten Sonnenstrahlen hasten wir leider nur hinterher aber wir liegen super in der Zeit als wir an den Schöntalalmen vorbeifahren.

Heavy-Load Bikepacking

Bikepacking ist harte Arbeit aber lohnt sich!

Jetzt heißt es Bike schultern und schnellen Schrittes Richtung Joch zu hiken. Unsere Ghost Enduro Bikes drücken sich mitsamt Rucksack und Schlafutensilien ordentlich in die Nackenmuskulatur aber wir meinen, dass Max mit seiner Fotoausrüstung und dem etwas älterem Bike Modell noch um einiges schwerer zu tragen hat als wir. Jetzt wirds schon zäh und die Dämmerung schreitet unaufhaltsam voran. Leider haben wir nicht viel Zeit zum Fotografieren, denn wir wollen unseren Biwakplatz noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Wir suchen uns, nach Dominiks Beschreibung, am Schöntaljoch einen weichen Schlafplatz auf dem Almboden in guter Entfernung zur Felswand und sicher vor Steinschlag.

Perfekte Nacht

Kurz nachdem die Unterlagsmatten aufgeblasen sind höre ich ein lautes Zischen neben mir: Alex reißt genussvoll seine Bierdose auf und bringt mich auf dieselbe Idee. Platz hatten wir nicht mehr wirklich dafür im Rucksack, aber wir waren uns einig – eine Dose Bier als Belohnung für 2 Stunden buckeln, das muss sein! Essenstechnisch hätte ich leicht mehr vertragen als das Käsebrot und den Apfel, aber dafür schmeckt am Berg immer alles besser und wir genießen unser spärliches Abendmahl in vollen Zügen. Jetzt ist es auch schon richtig dunkel, also kriechen wir in unsere Schlafsäcke.

Diese klare Nacht werde ich nicht mehr so schnell vergessen und Max gibt uns noch den Tipp, dass zwischen 1 und 2 Uhr die Milchstraße am hellsten ist – da stelle ich mir doch glatt den Alarm und bin dann echt überwältigt vom Anblick unserer Galaxie mit ihren 300 Milliarden Sternen.

Peak lake biking

Sonnenaufgang auf dem Gipfel

Wenn man so nahe am markantesten Gipfel der Kitzbüheler Alpen schläft, wäre es eine Schande ihn nicht zu besteigen. Also heißt es Aufbruch um 4 Uhr morgens um zum Sonnenaufgang um 6 Uhr 15 auch oben zu sein. Vor Jahren war ich schon mal zu Fuß dort oben und habe mich dann geärgert, dass ich mein Bike unten gelassen hatte. Die Abfahrt vom Gipfel wollte ich nun auch versuchen obwohl ich nicht sicher bin ob das eine gute Idee ist und großen Respekt vor dem vielen lockeren Geröll habe. Auf jeden Fall waren da auch viele leichtere Abschnitte dabei, daran konnte ich mich noch gut erinnern. Wir trugen also unsere Bikes im Morgengrauen Richtung Gipfel und kochten pünktlich um 6 Uhr Espresso unter dem Gipfelkreuz. Richtig kalt war’s und der frisch gebrühte Kaffee verkürzte die Wartezeit bis zu den ersten Sonnenstrahlen die durch die Bewölkung im Osten dann doch etwas Verspätung hatten. Nach ein paar Shots auf dem Gipfel machten wir uns an die Abfahrt.

Per aspera ad astra

Gleich mal vorweg: Von einer „Erstbefahrung“ kann man bei unserem Unternehmen nicht sprechen – schon beim Aufstieg war uns klar, dass an eine durchgehende Befahrung nicht zu denken ist. Der Rettenstein ist definitiv kein Bikeberg, vor allem vom losen Geröll geht eine erhebliche Steinschlaggefahr aus! Wir waren auch sehr vorsichtig, damit wir ja keinen losen Stein ins Rollen bringen um später aufsteigende Personen nicht zu gefährden. Tatsächlich kam uns durch unseren frühen Aufbruch nur eine Gruppe von vier Wanderern entgegen.

Gipfeltrail Spertental Wilder Kaiser

Vom Gipfel mussten wir zur ersten fahrbaren Passage erst mal mit dem Bike über steiles Gelände absteigen. Danach wechselte der Weg zwischen super Flow und unfahrbaren, verblockten Abschnitten. Viele Trailmeter waren absolute Highlights und entschädigten für die Mühen des Auf- und Abstiegs. Ein richtiger Leckerbissen wartete aber weiter unten auf uns – der grasige Bergrücken vom Schöntaljoch bis zu den Spießnägeln ist zwar technisch, aber bei guter Form von uns zu 100% auf den Pedalen zu bewältigen.

Frühstück auf der Hirzeckalm

Kaffee, Eier, Speck und Bergkäse machen dich nach so einem Kurztrip in die Wildnis schnellstmöglich wieder fit und Maria verpflichtet uns auch noch zu einem verspäteten Gipfelschnaps – den haben wir oben ja ausgelassen. Über den Flowtrail von der Alm gehts wieder zurück zum Auto, damit wir um 10 wieder in der Bikeacademy sind – bereit um eine neue Tour zu guiden.

 

Bildergalerie:

 

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