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Cho Oyu Expedition (3) – Bereit für den Gipfelsturm

Lange hat es gedauert bis wir in der Lage waren Berichte per Mail oder Telefon zu versenden. Für uns alltägliches wie Facebook und dergleichen ist in China für Ausländer gesperrt. Der Internetzugang aus dem BC ist an und für sich nicht ganz so schwierig, aber zur Gänze zensiert. Wir verwenden hier eine ganz normale China Telekom SIM Karte, welche aber nur sporadisch und wetterabhängig funktioniert. Da wir ein größeres Team sind, ist der Andrang bei Funktion umso höher und für mich als Expeditionsleiter stehen dann eben oft Dinge wie Wetterbericht und Logistik im Vordergrund. In diesem Sinne also Sorry für die spärlichen Berichte.

Nun sind wir inzwischen schon so weit, dass wir die komplette Akklimatisation abgeschlossen haben und nur noch auf schönes und vor allem windbegünstigtes Wetter zum Gipfelanstieg warten. Nachdem wir alle die letzte Nacht auf 7050m verbringen konnten, folgen nun einige Tage Ruhepause im BC und damit auch für mich zum ersten Mal etwas Zeit, um euch von den bisherigen Ereignissen zu berichten. Wie seit Jahren regelmäßig, bin ich auch dieses Jahr wieder als Expeditionsleiter auf einen der vierzehn 8000er unterwegs. «Ich weiß einen hohen Berg, wir können ihn machen…» sagt Kari Kobler heute. Die Aussage stammt allerdings von Pasang Dawa Lama. Er sagte den Satz im Jahr 1953 zu einem gewissen Herbert Tichy aus Wien, bevor dieser den Bergriesen mit einem winzigen Expeditionsteam von drei Bergsteigern und sechs Sherpas 1954 zum ersten Mal bestieg. Genau zu diesem Berg, dem 8201m hohen Cho Oyu, machten wir uns am 29. August auf den Weg. Die Anreise über das Everest Nord Basislager mit ihren kulturellen Höhepunkten ergänzt die Bergtour und ermöglicht eine gute Akklimatisation. Es freut mich wieder für Kari und sein Team unterwegs zu sein. Als Team von 6 Bergsteigern aus Österreich und Deutschland versuchen wir nun mit 2 Climbing Sherpas, Tenzing und Nima, den Cho Oyu von Tibet aus zu besteigen. Zusätzlich werden wir von Pemba, unserem Koch im BC, und 2 Küchenjungs unterstützt bzw. verpflegt. Wir verwenden keinen künstlichen Sauerstoff, lediglich für den Notfall liegt im Lager 2 und 3 je eine Flasche Sauerstoff. Wir sind eine kommerzielle Expedition und die Teilnehmer kaufen sich Luxus wie Hochträger und BC Verpflegung sowie Logistik beim Schweizer Veranstalter Kari Kobler.

Meine Aufgabe ist es nun, diese Logistik umzusetzen, die einheimische Crew zu koordinieren und natürlich am Berg dafür zu sorgen, dass wir unser Ziel erreichen. Gemeinsam mit unseren Sherpas bereite ich den Weg vor, wir legen Hochlagerplätze an und verlegen an besonders ausgesetzten Stellen Fixseile. Lager 1 auf 6370m und Lager 2 auf 7050m ist nun bereits eingerichtet und alle Teilnehmer konnten bereits eine Nacht in dieser Höhe verbringen. Der Weg bis hierher war sehr schön. Nachdem  wir Europa verlassen haben, war unser erster Zwischenstopp Chengdu in Südwestchina. Eine Stadt mit 10 Mio. Einwohnern. Wir verbrachten da nur eine Nacht, um gleich am nächsten Morgen nach Lhasa weiterzufliegen. Der Traum von 7 Jahre Tibet ist verflogen. Nichts desto trotz liegt die für meinen Geschmack sehr moderne Stadt Lhasa schön im Tal des Kyi Chu auf 3600m. Natürlich haben wir uns auch den Potala Palast angesehen – aus Zensurgründen möchte ich darauf nicht weiter eingehen. Von Lhasa aus beginnt dann die eigentliche Anreise zu unserem Ziel. Auf dem Landweg über mehr oder weniger gute Straßen ging es am ersten Tag nach Xigatse (3900m). Fast überall kann man die beeindruckende Hochlandschaft genießen und das ein oder andere Fort aus der Besatzungszeit Englands besichtigen sowie zahlreiche Klöster. Der Weiterweg führte uns über Xegar (4350m) bis ins Everest Basislager zum berühmten Rongbuck Kloster. Auf dem Weg ins Basislager des Everest konnten wir den 5150m hohen Lang La bei Sonnenaufgang überqueren. Ich brauche, glaube ich, nicht extra zu erwähnen, was für ein Anblick es ist, Makalu, Lotse, Everest, Cho Oyu und Shisha Panama bei Sonnenaufgang zu sehen. Mit einem kleinen Zwischenstopp in Tingri erreichten wir dann am 10. Tag das „Chinese Fahrerbasislager des Cho Oyu“ und hatten somit die erste Nacht im Zelt. Zwei weitere Tage wurden mit kleinen Wanderungen zur besseren Akklimatisation genutzt.

Nach 12 Tagen erreichten wir nun das ABC, den Lagerplatz, an dem wir uns nun noch weitere 14 Tage aufhalten werden. Wir hatten bis jetzt bestes Wetter und sehr gute Verhältnisse am Berg. Nach 2 Ruhetagen im BC konnten wir bereits Lager 1 auf 6370m einrichten und eine Nacht dort verbringen. Unsere Sherpas unterstützen uns beim Transport der Zelte und beim Verlegen der Fixseile. Die restliche Ausrüstung wird von den Teilnehmern selbst hochgebracht. Das Kochen in den Hochlagern ist für manchen eine Herausforderung, doch wenn es gelungen ist, freut es alle umso mehr. Nach der ersten Nacht im Lager 1 geht es wieder retour ins BC, um Energie zu tanken und um auszuruhen. Mit vollen Rucksäcken geht es dann ein weiteres Mal hoch ins Lager 1. Bei schönstem Wetter können wir die Nacht im Hochlager genießen. Eine weitere Tagesetappe führt uns hoch ins Lager 2 auf 7050m. Nach dem Freischaufeln der Zeltplätze und dem Aufstellen der Zelte verkriechen wir uns in unseren Schlafsäcken und beginnen mit Wasserschmelzen und Teetrinken. Der Abend war sehr kalt, aber wunderschön. Nachdem wir nun eine Höhe von 7050m erreicht haben und alle in dieser Höhe gut geschlafen haben, ist die Akklimatisation abgeschlossen und wir warten im BC auf gutes Gipfelwetter.

Sobald wir ein gutes Wetterfenster haben, werden wir uns auf den Weg Richtung Gipfel machen. Das heißt wieder Aufstieg Lager 1 und 2. Vom Lager 2 aus werden wir im Aufstieg ein weiteres Lager auf ca. 7500m einrichten, von dem wir dann am 4. Tag den Gipfel erreichen wollen. Wir werden sehen, was das Wetter bringt und freuen uns schon jetzt auf den Gipfelversuch. Wenn es irgendwie geht, melde ich mich noch einmal vor unserem Start und im Anschluss bekommt ihr dann aus Kathmandu einen weiteren ausführlichen Bericht mit Fotos.

Liebe Grüße aus dem Basislager Cho Oyu,
Stephan

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