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Auf Trailsuche in Nepal

Nepal, „das Land in dem die Götter wohnen“. Schon der Anflug auf Kathmandu lässt einem das Herz höher schlagen. Vom Flugzeug aus, sieht man am Horizont die schneebedeckten Gipfel aus den Wolken ragen, unter uns eine sattgrüne Landschaft, mit Reistrassen, einzelnen Häusern und in der Ferne die Großstadt Kathmandus. Die Abfertigung am Flughafen war erstaunlich entspannt. Neugierige Blicke folgen unseren Bike-Taschen und wir werden sofort belächelt, als wir die Nepa-lesen wissen lassen, dass wir ihr Land mit dem Mountainbike bereisen möchten. Ziel unserer einmonatigen Reise ist das Befahren der schönsten Single-Trails in den Regionen Mus-tang und Solukhumbu. Auch die Umgebung rund um Kathmandu, dass sogenannte ‚Kathmandu Valley’ werden wir mit dem Mountainbike erkunden.

Königreich MUSTANG

Endlich! unser Kleinflugzeug hat die Starterlaubnis bekommen, um uns von Pokhara nach Jomsom zu bringen. Jomsom ist der Hauptort des Districts Mustang und liegt auf dem Annapurna Circuit auf 2.770 m Höhe. Nachdem wir unsere Räder wieder zusammengestellt haben, geht es nach Kagbe-ni, der Grenze zum ehemaligen Königreich Upper Mustang. Kagbeni ist zugleich Ausgangspunkt für unsere ersten Touren. Die karge und wüstenähnliche Landschaft fasziniert uns von Anfang an.

Die Erdfarben dominieren, die Luft ist trocken und der Himmel glasklar, Hochwüste vom Feinsten. In den Dörfern am Fluss Kali Gandaki, werden Äpfel angebaut und nach den Touren belohnen wir uns mit leckeren Apfelkuchen.

Die Trails in Mustang haben viel zu bieten. Es ist trocken und schroff, die Trails lose und staubig aber flowig, weil sie in den hohen Lagen nicht so steil angelegt sind. Ein Highlight ist der sogenannte Lubra Trail. Die Abfahrt startet auf ca. 4.300 m, oberhalb vom be-kannten Pilgerort Mukthinath. Die Luft ist dünn. Um uns herum erheben sich majestätisch der Dhaulagiri (8.167 m) und der Nilgiri (7.061 m). Die Abfahrt ist herrlich und lässt uns einmal mehr das Lächeln schwer aus unseren Gesichtern bekommen.

Aufgrund eines Zyklons, der eine Woche zuvor fast 50 Menschen am Thorong La Pass das Leben gekostet hat, ist es uns nicht möglich höher als 4.300 m zu kommen. Von da an liegt zu viel Schnee. Trotzdem werden wir auf unserer Erkundung reichlich belohnt, unzählige Trails sind hier zu finden, mal technisch anspruchsvoll, dann wieder flowig. Manchmal fällt es schwer, uns auf die Abfahrt zu konzentrieren, da wir immer wieder von dem atemberaubenden Panorama abgelenkt werden. Wir passieren zahlreiche kleine Dörfer, wo wir herzlich empfangen werden und einen Einblick ins Leben der Einheimischen bekommen. Die Bevölkerung ist tibetisch-stämmig, die Dörfer buddhistisch wie der ganze Landstrich.

Wir verlassen Mustang wieder in Richtung Pokhara, diesmal mit dem Bike und dem Bus. Die Landschaft ändert sich dramatisch und wird immer grüner und fruchtbarer. Von der Wüste ge-langen wir in den Dschungel. Auch die Trails verändern sich: steiles, technisches Gelände mit zahl-reichen Spitzkehren und Steilstufen kommen auf uns zu. Vorboten auf das, was uns in der Region Solukhumbu erwarten wird. Schließlich erreichen wir die Stadt Pokhara und von dort aus geht es mit dem Bus zurück nach Kathmandu.

SOLUKHUMBU – Land der Sherpas

Solukhumbu besteht aus den Regionen um den Mount Everest: Solu und Khumbu. Für uns sicher die größte Herausforderung auf dieser Reise. Kaum jemand hat diese Region mit dem Mountainbi-ke erkundet. Warum? Lange und steile Anstiege, meist mit dem Bike auf den Schultern, die Abfahr-ten sehr technisch und nur etwas für sehr versierte Biker. Wir erreichen „Jiri“, den Ausgangspunkt unserer Abenteuer in Solukhumbu, mit einer 8 Stunden Busfahrt von Kathmandu. Da wir nur mit Tagesrucksack unterwegs sind, organisieren wir uns hier Träger, die unser Hauptgepäck übernehmen. Wahnsinn was diese Sherpas auf solchen Expeditio-nen leisten.

Die nächsten Tage führen uns durch viele Sherpa-Dörfer, Reisfelder, Wälder bei stetigem Bergauf und Bergab. Bereits die ersten Trails stellen uns vor große technische Aufgaben. Extrem verblock-tes Gelände, unzählige Steilstufen und enge Spitzkehren, die nur mit Hinterradversetzen zu meis-tern sind, lassen unser Bikerherz höher schlagen.

Eines unserer Highlights in Solukhumbu soll der 4.200 m hohe Berg „Pikey“ werden, den wir gleich zweimal von verschiedenen Seiten erklimmen. Der Pfad ist steil und führt uns mit dem Bike auf den Schultern durch einen schönen Pinienwald hinauf auf Pikey Base (3.900m), wo wir die Nacht in einem Sherpa-Haus verbringen. Unter Tags ist es erstaunlich warm, dafür sind die Nächte sehr kalt. Am nächsten Morgen starten wir früh, um den Gipfel zu erreichen. „Es sind nur noch 300 Hö-henmeter“, denken wir, aber auf dieser Höhe und mit dem Bike auf den Schultern kämpft man um jeden Meter. Der Boden ist noch gefroren und die Sonne kommt nur langsam über den Bergrücken als wir endlich am Gipfel ankommen. Ein überwältigendes Glücksgefühl kommt auf als sich vor uns die ganze Pracht des Himalayas öffnet. Man kann sowohl den Mt. Everest und Lhotse als auch eine große Anzahl von anderen schneebedeckten Gipfeln, angefangen vom Mt. Kanchenjunga im Osten bis zum Mt. Manaslu im Westen, sehen. Die Zeit bleibt stehen und man will an diesem schö-nen Ort bleiben, aber jetzt kommt erst die Belohnung für all die Strapazen. Ein Downhill Run von zwei Stunden liegt vor uns. Die Abfahrt entlang des Bergrückens ist atemberaubend, Freeride pur! Flowiger Fun und verspielte Passagen gehören ebenfalls dazu wie anspruchsvolle Stellen. Ziel ist Phaplu auf 2.213 m, wo wir uns die nächsten Tage in den Wäldern austoben. Auch unsere zweite Abfahrt vom Pickey ist wieder ein absolutes Single-Trail Highlight. Nach zwei Wochen in dieser faszinierenden Region geht es wieder zurück nach Kathmandu, wo unser einmonatiges Nepalabenteuer endet.

Ein weises Sprichwort sagt: Der Weg ist das Ziel. Und so war es auch auf dieser Reise. Dass wir mit so viel Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Herzlichkeit und Interesse beschenkt werden, hätten wir nicht für möglich gehalten. Die landschaftlichen Kontraste, geballt mit diesem unbeschreiblichen Naturerlebnis und den darauffolgenden Trail-Erlebnissen, haben diese Reise zu einem ganz beson-deren Abenteuer gemacht, dass wir vielen ambitionierten Biker nur weiterempfehlen können.

Sponsoren: VAUDE und TF-Bikes

Text und Fotos: Markus Micheler

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