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#3Riesen: Per Bike & Hike auf die drei höchsten Berge Deutschlands – Teil 3

Eine dreiteilige Fotoreportage von „Schwarzfuchs“ Markus Schaumlöffel…

Teil 3: … auf den Watzmann (2.713 m)

Zeit für einen grundlegenden Ortswechsel. Liegen Nummer eins und Nummer zwei der höchsten Berge Deutschlands quasi in trauter Nachbarschaft, so erhebt seine Exzellenz der Watzmann etwa zweihundert Bikekilometer östlich sein Haupt. In der Region Berchtesgaden, dem einzigen Alpennationalpark Deutschlands.

Nun heißt es also Sachen packen, rüber zur Rotmoosalm, am nächsten Morgen rauf aufs Bike und ab ins Inntal bis zum Wilden Kaiser, meinem Tagesziel. Letzteres ausgerechnet am heißesten Tag dieses Sommers! Nichts gegen das Inntal, aber den Kulturschock kann ich nicht ganz verleugnen, als ich mich nach drei Tagen alpiner Einsamkeit im morgendlichen Berufsverkehr Innsbrucks zu orientieren versuche.

Der nächste Biketag vom Wilden Kaiser zum sagenumwobenen Watzmann ist da schon eher nach meinem Geschmack. Kehrt doch mehr und mehr die Bergidylle an meine Seite zurück.

Jedenfalls bin ich bester Dinge, als ich am letzten Tag meines Abenteuers früh morgens die Wimbachbrücke überquere und den Anstieg zum Watzmann unter die Stollen nehme. Mein erstes Ziel ist die Stubenalm. Dort will ich auf Laufschuhe und Stöcke wechseln. “Ja bist narrisch, was machst’n Du scho do!” Es scheint noch erfreulich früh am Tag, als ich mein Bike an den Zaun der Stubenalm lehne und man mich frisch erwacht und in bestem Bayrisch begrüßt. Die Sonne taucht das alte, tiefbraune Holz der Alm in ein honigfarbenes Licht. Hellgrau ragt das Hocheck des Watzmanns hinter den letzten Tannenspitzen empor. Die Spannung steigt und mir wird klar: Nur noch ein Gipfel und meine drei Riesen sind perfekt!

Dixiklos statt normaler Toiletten? Das Watzmannhaus hat auf Grund der anhaltenden Trockenheit seit zwei Wochen kein eigenes Wasser, erfahre ich. Also trinke ich ein alkoholfreies Weißbier, um den Inhalt meines Trinkrucksacks noch ein wenig zu schonen, bevor ich den letzten und entscheidenden Anstieg zum dritten Höhepunkt meiner Tour in Angriff nehme.

Freue ich mich wenig später zu Beginn des abschließenden Teilstücks noch über den unerwartet leicht zu gehenden Weg, so macht der Watzmann bald darauf erst richtig ernst: Die zu erklimmenden Felsstufen werden höher, der Weg wird zum zerklüfteten Steinlabyrinth. Nur von steilen Geröllfeldern unterbrochen geht es nun mit jedem Schritt immer höher und höher.

Ab und an öffnen sich dabei entlarvende Blicke hinab auf den Watzmanngletscher tief unter mir. Auch ihm geht es laut Experten des bayrischen Gletscherberichts gar nicht gut. Aller Voraussicht nach wird hier in Sachen Dauer-Eis sogar noch deutlich früher Schluss sein als auf Deutschlands höchstem Berg. Das für die Bergriesen so charakteristische “ewige Weiß” wird aufgrund der Erderwärmung letztlich wohl zunehmend durch das Grün der immer höher rückenden Pflanzenwelt verdrängt werden.

Ich vertreibe die düsteren Gedanken, stehe nach einem letzten Geröllfeld schließlich glücklich auf dem Gipfel des Hochecks – und stutze: Vor welchem Gipfelkreuz soll ich mich nun für mein Twitter-Selfie fotografieren? Ich habe zwei zur Auswahl, eines sogar mit goldenem Christus. Kurzentschlossen posiere ich nacheinander vor beiden. Es wäre doch zu peinlich, würde ich auf dem letzten meiner drei Riesen das falsche Kreuz erwischen. Die Mittelspitze bleibt für mich hingegen unbestiegen. Mein Bauchgefühl vermeldet Bedenken und ich habe gelernt solche Signale ernst zu nehmen. Letztlich bin ich doch mehr Bergradler als Bergsteiger.

Dohlen kreisen bis auf Tuchfühlung heran – enttäuscht, dass ich meinen Energieriegel komplett allein verzehre. Der Blick hinab auf die einsame Südspitze des Königsees ist atemberaubend. Als Hans mich später im Tal abholt, kann ich garnicht glauben, dass der See im Norden vor Besuchern zur gleichen Zeit fast aus allen Nähten geplatzt sein soll.

Zuhause angekommen begreife ich glücklich: Mein bislang größtes “adventuredahoam” ist zu Ende – mein Projekt “drei Riesen”: Ich habe es geschafft, geschafft, geschafft!

 

Bericht & Fotos: Markus Schaumlöffel

 

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